Bedeutung
Hölderlin war zu seiner Zeit ein geschätzter und verehrter Dichter, aber wenig bekannt.
Im 19. Jahrhundert erschienen drei Gedichtsammlungen, 1826 von Ludwig Uhland und Gustav Schwab, 1846 und 1874 von Christoph Theodor Schwab.
Sie beschränkten sich auf die Texte, die als künstlerisch abgerundet galten. Die späten Gedichte wurden als von der Krankheit beeinflusst eingestuft, die frühen als nachahmende Jugendwerke.
Hölderlin vernetzte widersprüchliche und harmonisierende Elemente, die miteinander in einer dynamischen Wechselwirkung stehen. So sollten Natur- und Geschichtsprozesse zeichenhaft vermittelt werden. Dadurch erscheinen seine späten Gedichte zunächst schwierig, ihre Mehrdimensionalität erlaubt aber eine weit gespannte und vielseitige Interpretation.
Die Ästhetik der beginnenden Moderne Anfang des 20. Jahrhunderts ermöglichte eine Neubewertung Hölderlins.
Der Qualitäts- und der Schönheitsbegriff veränderten sich. Sprache wurde zum Experimentierfeld und das Nichtkonforme stilbildend.
Der junge Norbert von Hellingrath war der Erste, der in den späten Gedichten Hölderlins Meisterschaft erkannte. Seine sorgfältige Entzifferung der Handschriften ab etwa 1910 stellte diese Texte zum ersten Mal der Öffentlichkeit vor.
Die literaturwissenschaftliche Analyse des Hölderlinschen Werkes ist nach wie vor nicht abgeschlossen. Die Bandbreite an Interpretationsmöglichkeiten ist immens und nach wie vor arbeiten etablierte und junge Hölderlin-Forscherinnen und -forscher daran, die sprachliche Genialität Hölderlins immer wieder neu zu beleuchten.